Goethe
Auf den Spuren von Johann Wolfgang Goethe in Berlin
Goethe liebte Berlin nicht, besuchte die Stadt nur einige wenige Male - und das gezwungenermaßen. Trotzdem gibt es bis heute zahlreiche Straßen, Plätze und Parkanlagen, die den Namen
tragen, Kneipen, Apotheken, Boutiquen, die sich mit dem Ruhm des Genies schmücken. Mehr noch
als Schiller, verkörpert Goethe das Etikett vom deutschen Volk der Dichter und Denker.
In diesem Sinn ist es nur konsequent, wenn auch der Export deutscher Kultur ins Ausland durch
die Goethe-Institute in seinem Namen praktiziert wird.
Einige Recherchen zu Goethes Berlin-Präsenz
werden in dem Projekt visualisiert.
Nachforschungen 1: Wie sah er aus?
Goethe war die meistporträtierte Persönlichkeit seiner Zeit. Ich wähle Zeichnungen, Gemälde,
Scherenschnitte aus -heroisierend, idealisierend, realistisch - vergleiche sie.
Im Berliner Telefonbuch
findet man mehr als fünfzig Personen seines Namens: Goethe, Göthe, Göte. Ich bitte sie um eine
Porträtfotografie, befrage sie nach ihrer Familienzugehörigkeit, nach ihren Kenntnissen über
den großen Namensvetter.
Nachforschungen 2: Wie wird im öffentlichen Stadtbild seiner gedacht?
Acht Berliner Bezirke schmücken sich mit einer Goethestraße: Charlottenburg - Bohnsdorf
- Lichterfelde - Lichtenrade - Oberschöneweide - Rosenthal - Weißensee - Zehlendorf.
Ich fotografiere sie. Die Fotoporträts der einzelnen Straßen weisen mehr auf den Bezirk und das Umfeld
hin; in einem visuellen Kontext zu dem Namensgeber stehen sie nicht.
Nachforschungen 3: Was kennt der Berliner von seinem Werk?
In privaten und öffentlichen Büchereien stehen Unmengen von Werken Goethes sowie solche seiner
Interpreten. Fragt man aber in den Kneipen, wie z.B. im' Göthestübchen' in Charlottenburg nach ihm,
reagieren die Gäste am Tresen mit Hohn, Gelächter und Abwehr.
Goethes Reputation ist nicht
besonders hoch. Merkwürdigerweise genießt er den Ruf des Weiberhelden. Darauf bezieht sich
die Installation: "Sah ein Knab ein Röslein stehn ..."
Nachforschungen 4: Goethe und Holocaust - eine zufällige Begegnung?
In einem eher entlegenen Teil des Berliner Tiergartens steht ein Denkmal des Dichterfürsten:
Erhabenen Hauptes und mit ausgestrecktem Arm lenkt er unsere Aufmerksamkeit auf ein Gegenüber:
das riesengroße Stelenfeld , das neben dem Wahrzeichen von Berlin, dem Brandenburger Tor,
hier aus dem Boden wächst - das Holocaust- Mahnmal, das an die Zeit der nationalsozialistischen
Barbarei erinnert. Das Holocaustdenkmal wurde aus verschiedenen Blickwinkeln fotografiert, montiert
und das Goethedenkmal hinzugefügt. Die beiden Denkmale blicken sich gegenseitig ins Auge wie zwei
Seiten deutscher Geschichte und deutscher Kultur.
Der Film: 'Erlkönig' von Fumiko Matsuyama kommentiert mit Film- und Fotomaterialien aus der deutschen
Geschichte des 20.Jahrhunderts diesen Teil der Installation.
Im Rahmen der Ausstellung: "Correspondencias, Berlin entre dos aguas Santiago de Chile", Chile, 2004